Die Schuhladenkette Deichmann, Europas grösster Schuhändler, zu der unter anderen das Schweizer Tochterunternehmen Dosenbach-Ochsner gehört, unterhält weltweit 1800 Filialen und beschäftigt 19000 Angestellte. Deichmann liess im Jahr 2001 3 Millionen Paar Schuhe (2007 insgesamt 122 Mio in Indien und China) in Indien herstellen.
Deichmann begann 1998 in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die ihrerseits vor Ort durch das Indo German Export Promotion Project (IGEP) vertreten war, mit der Zertifizierung von indischen Zulieferbetrieben. Das Ziel war die Verbesserung der Sozial- und Umweltstandards des Deichman Social and Environmental Improvement Project in der Leder- und Schuhindustrie. Die negative Berichterstattung des deutsch-indischen Journalisten Ashwin Raman im Jahr 2001 zeigte aber, dass die angestrebten Ziele bei Deichmanns Zulieferer K.L.Shoes in Dindigal (Indien) nicht erreicht wurden. Deichmann seinerseits legte 2001 den eigenen Verhaltenskodex, den sogenannten Code of Conduct fest, der nach eigenem Wortlaut „als nicht verhandelbare Forderung für alle Lieferanten und deren Subunternehmen vebindlich ist“. Schlüsselelemente dieses Verhaltenskodex sind Kinderarbeit, Disziplinarmassnahmen, Zwangsarbeit, Diskriminierung, vertraglich zugesicherte Arbeitsbedingungen, die Arbeitszeiten, die Arbeitsplatzsicherheit, Richtlinien für den Umweltschutz, sowie das Vorhandensein übergeordneter Kontrollsysteme, welche die Einhaltung des Verhaltenskodexes gewährleisten. Deichmanns Verhaltenskodex stützt sich stark auf die Richtlinien der ILO (International Labour Organisation). Jedoch bleibt Kritik bestehen: Einerseits bezieht sie sich auf die im Verhaltenskodex festgeschriebenen Vorgabe bezüglich der Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns, der als Mindestzugeständnis den Arbeitnehmern gegenüber aufgefasst wird und nicht als Grundlage für ein menschenwürdiges Leben angesehen wird. Anderseits bezieht sich die Kritik auf Deichmanns Mitgliedschaft bei der BSCI und in der Folge durch die Medien aufgedeckten Mängel bei einem kambodschanischen Zulieferer. Deichmann ist seit 2008 deren Mitglied. Die Wirksamkeit der BSCI-Standards ist jedoch umstritten. Kritiker weisen darauf hin, dass die BSCI lediglich als Zugeständnis der Industrie zur Selbstverpflichtung auf freiwilliger Basis zu verstehen ist.

Die aufgedeckten Verletzungen von Sozialstandards in einer kambodschanischen Zulieferfirma von Deichmann zeigen auf, dass die Gewährleistung von Umwelt-, Menschenrechts- und Arbeitsstandards nicht allein durch die Zertifizierung erreicht werden kann, sondern durch eine prozessbegleitende Überwachung (Monitoring) gewährleistet werden muss. Es besteht die Einschätzung, dass diese Gewährleistung nur unter Beteiligung von Betroffenen, von NGO’s und der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit stattfinden kann.

 

Literatur:

 

Bellwinkel-Shempp, M. (2005). Globale Produktion und globale Verantwortung: indische und deutsche Leder- und Schuhindustrie. Südasiens, Zeitschrift des Südasiens 25 (1), 5-10.

 

Christliche Initiative Romero (CIR) (Hrsg.) (2009). Dreck an der Sohle. Deichmanns Lücke zwischen Wort und Tat. Münster: o.V.

 

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH (Hrsg.) (2004). Kurzfassung des Evaluierungsberichts „Exportförderung Indien – Indo-German Export Promotion Project (IGEP). Evaluierungsreferat.

 

Foreign Trade Association (FTA) (Hrsg.) (2009). BSCI System: Regeln und Funktionsweise. Brüssel: o.V.

 

International Labour Organization: siehe „Labour standards“

 

Raman, A. (10.04.2001). Gift ist im Schuh. taz.de.